Wünsche, die einem von den Lippen abgelesen werden, Kontrolle über sich und andere, Einfluss und im Idealfall eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Menschen um einen herum: Die Versprechen der Macht sind süß. Und das Beste ist, dass Macht für die Privilegien, die sie gewährt, nicht viel zurückverlangt. Zumindest, wenn man die Schriften Machiavellis konservativ interpretiert und Macht als Selbstzweck begreift, der weder moralischen noch ethischen Grundsätzen zu folgen hat. So ruthless würden wir natürlich niemals vorgehen, wären wir in einer mächtigen Position. Oder? Denn das mit den Wünschen, die uns andere von den Lippen ablesen, klingt auf jeden Fall schon irgendwie reizvoll. Wie aber kommt man an Macht? Hier ein paar Ideen:
Sich unersetzlich machen
Keine:r hat Bock, die Spülmaschine in der Büroküche auszuräumen oder beim Meeting das Protokoll zu führen? Übernimm diese Jobs! Aber mach dabei nie den Fehler, fleißig und still die Dinge wegzuarbeiten. Lass unbedingt alle wissen, wie gut du deine Aufgaben machst. Schreib einen Büroküchen-Newsletter. Verfasse das beste Protokoll der Welt. Und dann verschicke es über ein neuartiges Tool, das nur du beherrschst. Biete dazu Workshops an, die niemand sonst versteht. Wissen ist Macht und die Macht ist jetzt in deiner Hand. Wenn das noch nicht zur Beförderung führt, erfinde Defekte an der Kaffeemaschine und lass alle spüren, wie abhängig sie von dir sind.
Mit dir rechnet man nicht? Werde unberechenbar!
Egal, wie groß oder klein dein Einflussbereich ist: Unberechenbarkeit wird dir Macht verleihen. Handle immer nach dem Grundsatz »Meine Laune soll mindestens im Umkreis von fünf Metern von jedem bemerkt werden.« Und »Was ich heute gut fand, ist morgen komplett daneben.« Mit anderen Worten: Werde eine toxische Person. Triff dich mit Freund:innen zum Essen. Bestell selbst nichts. Aber betone, wie schlecht du den Service findest. Muscheln würdest du lieber nicht essen im Juli? Bring es wortreich zur Sprache! Wichtig ist aber, dass du beim nächsten Treffen wieder alle mit Liebe überschüttest (und Spaghetti alle Vongole bestellst). Alle werden sich über dich den Kopf zerbrechen und so stellst du sicher, dass du dauerhaft einen Platz in den Gedanken der Menschen einnimmst. Eine subtile, aber effektive Form der Macht, denn mit der Zeit werden alle versuchen, dich glücklich zu machen, um nicht schon wieder einen komplett grauenvollen Abend zu erleben.
Wo bereits ein Weg ist, Erschaffe ihn
Macht kommt von Machen, aber ganz ehrlich: Wir sind nicht geboren, um unsere Zeit damit zu verbringen, To-do-Listen abzuarbeiten. Um trotzdem das befriedigende Gefühl zu bekommen, einen Haken hinter eine Aufgabe zu setzen, schreib eine Liste mit Aufgaben, die keinerlei Mühe bereiten oder schon erledigt sind. Aufgestanden: Check! Kaffee getrunken: Check! Die Klotür fehlerfrei geöffnet: Läuft doch, Tiger!
Zieh dich an, um anzuziehen
Keiner wird deine Macht infrage stellen, wenn du mit deinem Outfit bereits glasklar signalisierst, dass du über sie verfügst. Achte bei deiner Kleidung also unbedingt auf hochwertige Stoffe und gute Verarbeitung. Es reicht übrigens vollkommen aus, ein einziges wirklich teures Kleidungsstück zu besitzen. Okay, vielleicht in mehreren Ausführungen. Die New Yorkerin Matilda Kahl trägt in der Werbeagentur, in der sie arbeitet, bei ihrem Job als Kreativchefin seit über zehn Jahren das gleiche Outfit. Ihr Look aus weißer Bluse mit kleiner Schleife um den Hals und schwarzer Hose ist mittlerweile ikonisch. Und ihre Kolleg:innen brauchten teilweise Wochen, um zu merken, dass sie jeden Tag das Gleiche trug. Noch ein Vorteil: Auf diese Weise spart man jeden Morgen Zeit. Pro-Tipp: das Outfit mit einem kleinen Rollkoffer kombinieren – egal wohin man unterwegs ist. Dabei sollte man unbedingt betonen, dass man sofort noch einen Flieger oder Zug irgendwohin erwischen musst. Es ist egal, dass das nicht stimmt. Menschen werden gleich ganz anders auf dich reagieren. Und für dieses mächtige Gefühl braucht es keinen Uniabschluss – noch nicht einmal ein Job ist dafür vonnöten.
Ändere dich selbst, dann ändert sich alles
Niccolò Machiavelli, der alte Haudegen, hat es mit seiner Theorie der Macht, die er in »Il Principe« aufschrieb, sogar bis in die Psychologie geschafft. Dort beschreibt der »Machiavellismus« die Persönlichkeitsstruktur von kühlen und berechnenden Menschen, die dazu oft noch extrem ehrgeizig sind und andere zu ihren Zwecken manipulieren. Klingt erst mal superunangenehm? Ganz genau so soll es sein! Denn Macht ist nur bedingt etwas für Menschen, die Zugang zu ihrem Gefühlshaushalt haben. Also müssen wir da ran: Zunächst muss das Gefühl von Empathie ausgeschaltet werden. Übe Gefühlskälte, indem du warmherzige, aber ansonsten eher erfolglose Personen aus deinem Freundeskreis aussortierst, denn andere Menschen sind nur dann etwas wert, wenn sie uns ein Sprungbrett in mächtigere Sphären bieten. Oder uns den Machterhalt sichern. Andernfalls ist jeder Umgang mit ihnen nur Zeitverschwendung. Dieser Grundsatz wird uns nach und nach einsam machen. Und das ist perfekt! So können wir uns auf das konzentrieren, was wichtig ist: unseren Einfluss zu vergrößern und zu sichern. Wer braucht schon Freund:innen, wenn er Menschen um sich scharen kann, die aus rein strategischem Denken dazu gezwungen sind, alles dafür zu geben, uns zufriedenzustellen?
Vertraue dir selbst, sonst wird es niemand tun
Hast du schon mal von einer unsicheren Person in einer Machtposition gehört? Wenn, dann wahrscheinlich nur, weil sie kurz danach spektakulär abgesägt wurde. Du brauchst Selbstbewusstsein, um es zu etwas zu bringen im Leben! Und wie das Wort Selbst-Bewusstsein schon sagt, ist es dafür essenziell, das Bewusstsein auf sich selbst zu richten. Pushe dich, indem du dir für jede Kleinigkeit ein inneres High-Five gibst. Glaub dir, keiner bindet sich so elegant den Schuh und bedient so mühelos den Drehregler an der Heizung wie du. Kinder, die von ihren Eltern für jede Kleinigkeit Applaus bekommen, werden oft zu unsicheren Erwachsenen. Aber du bist schon groß und dir selbst ein unendlicher Quell an Beifall. So immunisierst du dich auch effektiv gegen jede Form von Kritik. Fehler sind etwas, was andere machen. Du lässt dich nicht unnötig kleinmachen, denn du bist zu Höherem berufen.
Die Gunst macht keine Überstunden
Schon Machiavelli wusste: Egal wie talentiert du bist und wie beflissen du daran arbeitest, um mächtig zu werden – um wirklich an Einfluss zu gewinnen, braucht es eine zusätzliche Kraft, die außerhalb deiner Kontrolle liegt. Es braucht Fortuna, Schicksal, einen glücklichen Umstand, um tatsächlich aufzusteigen. Das kann eine Entwicklung sein, in der plötzlich genau deine Fähigkeiten gefragt sind, oder ein Machtvakuum, das sich jäh auftut. Thomas aus der Buchhaltung geht in Rente? Nutze die Chance und übernimm den Dienst in der Büroküche! Aber Vorsicht – Fortuna kann auch zu deinen Ungunsten wirken. Elon Musk hat von Fortuna profitiert, als seine zuerst etwas nischige Elektroauto-Vision auf einmal politisch und gesellschaftlich sehr gefragt war. Er wurde zum CEO-Superstar. Und beschloss, als Nächstes sei es eine megagute Idee, eine der wichtigsten digitalen Diskussionsräume zu übernehmen, ihre bisherige Struktur plattzumachen und die Welt mit rechten Hassbotschaften fluten zu lassen. Das führte zu einem erheblichen Imageschaden für ihn und das zwischenzeitlich führungslos gewordene Tesla sowie verheerenden Kursstürzen an der Aktienbörse. Wir lassen uns die Macht also nicht zu Kopfe steigen, Leute, okay? Wer die oben genannten Empfehlungen beherzigt, sollte diesbezüglich eigentlich safe sein.